Der in dem weisen Mann so schön gedieh. Faust ist dahin Denkt seinem Sturze nach: Den Weisen möge warnen sein Geschick, Verbot❜nen Dingen ja nicht nachzuspüren; Denn ihre Tiefe macht, daß Mancher glaubt, Er müsse mehr thun, als von Gott erlaubt. Terminat hora diem, terminat autor opus. Anmerkungen. 1) Obgleich im Spießschen Volksbuche und damit übereinstimmend auch bei Marlowe der Name immer,,Mephoftophiles“ heißt, glaubte ich doch, in der deutschen Uebersetzung keine andere Form, als Mephistopheles wählen zu dürfen, da diese durch Göthe dergestalt bei uns eingebürgert ist, daß dem deutschen Lesepublikum jede andere Form als Verstümmelung erscheinen dürfte. Die Abkürzung Mephisto wurde häufig durch den Vers geboten. 2) In dem Personenverzeichnisse des englischen Originals figuriren Bruno und der Herzog von Sachsen als zwei verschiedene Personen. Aus dem Inhalt des Stückes ergiebt sich sofort die Unrichtigkeit dieser Trennung, die offenbar nur von einem unverständigen Abschreiber oder Seher herrührt, der das ursprünglich gar nicht vorhandene Personenverzeichniß ausgezogen hat. 3) Die Form Vanholt ist eine offenbare Verstümmelung von Anhalt, da im Spieß'schen Volksbuche ganz dieselbe Episode vom Herzog von Anhalt erzählt wird. Wie Marlowe zu der Form Vanholt gekommen, und ob dieselbe überhaupt von ihm selbst herrührt, habe ich nicht ermitteln können. 4). Robert und der Spaßmacher (Clown) sind auch wieder eine und dieselbe Person; s. oben Anm. 2. 5) Das Original lautet: Not marching in the fields of Thrasimen, W. Müller übersetzt: Nicht schreitend durch die Trasimener Felder, und Adolf Böttger: Durchwandernd nicht die Felder Trasimens, Keine dieser beiden Ueberseßungen, am wenigsten die erste, scheint mir den Sinn der Stelle richtig wiederzugeben, da Hannibal bekanntlich am Trasimenus glänzend gesiegt hat, was wohl nicht als möglich gedacht werden kann, wenn der Kriegsgott mit ihm gerungen (denn mit Jemand ringen heißt doch so viel, wie mit ihm, d. h. gegen ihn kämpfen) oder sich mit ihm gemessen hätte. Meine Uebersetzung (,,Wo Mars dem tapfren Punier sich verband") hat allerdings gegeu sich, daß Mars im strengen Sinne der Kriegsgott der Römer ist, der sich eigentlich mit dem Feinde dieses Volkes nicht verbinden konnte; daran hat jedoch Marlowe an der qu. Stelle offenbar nicht gedacht, sondern er versteht unter Mars den Kriegsgott (oder das Kriegsglück) im Allgemeinen, eine Anschauung, die dem Gebrauche des Wortes bei römischen Schriftstellern durchaus nicht zuwiderläuft. 6) Der masculinische Gebrauch von Muse ist auffallend: man muß annehmen, daß our Muse eine bloße Umschreibung für die Person des Dichters ist. 7) Diese Stelle heißt im Original: Wagner, commend me to my dearest friends, The German Valdes and Cornelius. Fr. Notter bemerkt hierzu:,,Das Wörtchen the scheint ein Schreib- oder Druckfehler statt to, wodurch sich der Sinn ergiebt: dem German (Hermann) Valdes und dem Cornelius". Obgleich ich auch meine, daß Faust nicht nöthig hat, den einen seiner Freunde besonders als „Deutschen“ zu bezeichnen, daß also bei dem Worte German eher an einen Vornamen zu denken sein wird, so ist doch meiner Ansicht diese Erklärung auch ohne die von Notter conjicirte Textesänderung möglich, da der bestimmte Artikel the gar nicht selten auch zu Eigennamen gesetzt wird, wenn dieselben allgemein bekannten oder, wie hier, solchen Personen ange= hören, welche dem Angeredeten genau bekannt sind. Beispiele hierzu findet man in Mäßner's Engl. Gramm. II., 2, S. 157. Wen übrigens Marlowe mit diesem German Valdes meint, ist wohl schwerlich zu ergründen. Unter den als Faust's Vorgänger und Zeitgenossen erwähnten Zauberern ist keiner, dessen Name auch nur einen Anklang an Valdes böte; und an Petrus Waldus, den Stifter der nach ihm benannten Secte der Waldenser, zu denken, wie Dünzer (Faustsage IV., Anm. 12) vorschlägt, halte ich doch für sehr gewagt. Dagegen ist kein Zweifel, daß Marlowe bei dem Namen Cornelius an den bekannten Schwarzkünstler Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim (geb. 14. Sept. 1486 zu Köln, gest. 1535 zu Grenoble) gedacht hat, der mehrfach als Freund und Lehrer des Faust genannt wird. Siehe Neumannn, Disqu. hist. de Fausto, Cap. I., §. 8 und Stieglitz, die Sage von Dr. Faust (in Raumer's hist. Taschenbuch 1834). 8) Auch diese Stelle geht auf Agrippa von Nettesheim, der allerdings hier schon als todt gedacht wird. 9) Sollte das Wort rutter nicht eine unmittelbare Uebertragung des deutschen Wortes „Ritter“ sein? Wir pflegen ja z. B. das Wort lord auch nicht zu übersehen, sondern unverändert ins Deutsche herüberzunehmen. 10) Hier ist nicht etwa an Baco von Verulam zu denken, der Marlowe's Zeitgenosse war, sondern an den englischen Mönch Roger Baco, der von 1214–1294 lebte und sich eifrig mit Mathematik und Naturforschung beschäftigte, namentlich auch dadurch bedeutend ist, daß er die erste Idee vom Schießpulver hatte, indem er bestimmt aussprach, daß man mit einer Mischung aus Salpeter, Schwefel und Kohle den Donner und Blizz nachahmen könne. 11) Albanus ist gewiß durch einen lapsus calami beim Abschreiben aus Albertus entstanden, so daß wir an Albertus Magnus (Albrecht von Bollstädt) denken müssen, der im Jahre 1193 zu Lauingen in Schwaben geboren wurde, in Padua studirte, dann in den Orden der Predigermönche eintrat und im Jahre 1260 Bischof von Regensburg wurde, welches Amt er aber später niederlegte, um ganz seinen wissenschaftlichen Bestrebungen zu leben, die namentlich auf Erflärung des Aristoteles und der arabischen Philosophen gerichtet waren. Er starb 1280 und hat eine große Menge von Schriften hinterlassen, die im J. 1651 zu Lyon in 21 Foliobänden gedruckt erschienen sind. 12),,Begierig, des Orion neblig Bild zu schau'n.“ Das „neblig“ bezieht sich wahrscheinlich auf den im Sternbilde des Orion wahrzunehmenden Nebelfleck. Unter antarctic world, wofür ich kein andres Wort als „Süden“ finden konnte, ist wahrscheinlich die uns abgekehrte Seite des Firmaments zu verstehen, aus der die nächtlichen Schatten heraufsteigen, um den am nördlichen Sternenhimmel funkelnden Orion zu sehen ein kühnes und wohl wenig astronomisches Bild! 13) d. h.: wo die Seelen der alten Philosophen weilen, dort sehnt auch meine Seele sich hin, und dort (also in der Hölle) wird es schon auszuhalten sein. 14) W. Müller und Ad. Böttger haben das Wortspiel, welches in den englischen Worten Belcher und to belch (aufstoßen, schlucken) liegt, durch „Rülpfius“ und „rülpsen" wiedergegeben. Ich glaubte, auch in dieser derbkomischen Scene einen derartigen Ausdruck vermeiden zu müssen, und habe deshalb ein weniger derbes deutsches Wortspiel gesucht, in welchem ich mich allerdings von der eigentlichen Bedeutung des englischen to belch emancipiren mußte. 15) Daß die Corruption der lateinischen Formen absichtlich ist, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. 16) Natürlich ist die Königin von Saba aus dem Alten Testament gemeint. 17) Was Wagner hier sagt, wiederholt wörtlich der Chorus im Anfange des dritten Actes; an einer von beiden Stellen haben wir es also jedenfalls mit einer späteren Einschaltung zu thun. 18) Ich mußte mir hier erlauben, aus einem Verse des Originals in der Uebersetzung zwei Verse zu machen, weil sich an dieser Stelle im Englischen wieder so viele einsilbige Wörter häufen, deren jedes seine nicht zu übersehende Bedeutung hat, daß eine treue Wiedergabe des Inhalts in dem beschränkten Raume von fünf Jamben unmöglich gewesen wäre. 19) Denone ist eine Nymphe, mit welcher Paris vermählt war, bevor in ihm durch Venus die Liebe zur Helena entflammt wurde. Denone bewahrte dem Treulofen treue Liebe, und als Paris von Philoktet's vergiftetem Pfeile getroffen war, ließ er sich wieder zu ihr bringen, weil er wußte, daß sie in der Heilkunst erfahren war. Aber die Beleidigte weigerte sich, ihm beizustehen, Paris kehrte nach Troja zurück und starb dort an seiner Wunde. Denone bereute nun ihre Härte, eilte dem Geliebten nach, kam aber zu spät zu seiner Rettung und gab fich aus Verzweiflung selbst den Tod. 20) Der, der Theben auferbaut, ift Amphion, welcher um die von Kadmus erbaute Burg herum später die Stadt anlegte. Er galt als der älteste griechische Tonkünstler, und die Sage erzählt, bei seinem Gesange haben die Steine sich von selbst zu Mauern gefügt, und dem Klange seiner Laute seien Thiere, Bäume, Felsen und Ströme gefolgt. In dieser ganzen Rede spielt Faust wahrscheinlich auf Zaubererscheinungen an, die Mephistopheles ihm vorgeführt hatte. 21) Dieser Scherz, der sich übrigens in der dritten Scene des dritten Actes wiederholt, ist gewiß ursprünglich Improvisation eines Schauspielers, die später mit aufgezeichnet wurde. 22) Dieser Ausdruck bezieht sich auf ein Carmen de pulice, als deffen Verfasser früher fälschlich Ovid angenommen wurde, von dem aber jetzt feftsteht, daß es von einem mittelalterlichen Versifer herrührt. Bernhardy nennt in seinem „Grundriß der römischen Literaturgeschichte“ (S. 526) dieses Carmen de pulice ,,eine possenhafte Spielerei und Frucht des späten Mittelalters." 23) Whippincrust ist ein Wort, dessen Bedeutung kein Wörterbuch angiebt. Ich habe bei der Uebersetzung an das Zeitwort to whip (peitschen, prügeln) gedacht, welches doch wahrscheinlich den Stamm für den ersten Theil der Zusammenseßung geliefert hat. 24) Alexander III, der von 1179-1181 auf dem päpstlichen Stuhle saß, besiegte mit Hülfe der Lombarden den Kaiser Friedrich Barbarossa bei Legnano, worauf dieser dem übermüthigen Papste die Füße küssen und die Steigbügel halten mußte. 25) Der deutsche Kaiser Sigismund ist allerdings im Jahre 1431 und 1433 in Italien gewesen, um sich die römische Königskrone und die Kaiserkrone zu holen; allein ein Papst Julius hat zu jener Zeit nicht regiert, da Julius I. von 336-352 regiert hat, Julius II. aber erst 1503–1513. Dieser, sowie Julius III. (1550-1555), haben zeitweise im Bündniß mit den deutschen Kaisern gelebt. 26) Müller und Böttger übersehen: „Der Kirche Recht"; doch steht im Originale nicht right, sondern rites. 27) Bruno hatte sich bereits eine päpstliche Krone anfertigen lassen, die bei seiner Gefangennehmung in Beschlag genommen worden war. 28) Während der Papst soeben den Cardinal von Frankreich im höchsten Zorne in den Kerker geschickt hat, rühmt er ihn hier wegen der ihm übersandten Leckerbissen. Der Widerspruch, der hierin liegt, löst sich sofort, wenn wir, wie in der Einleitung bereits begründet wurde, die ganze Episode mit dem Herzog von Sachsen als späteren Zusatz ansehen. 29) Hier muß man sich denken, daß Robert den Becher hinter des Weinschenks Rücken oder während dieser ihnen die Taschen revidirt, in die Höhe hält. 30) Die letzte Scene des vorigen Acts ist in manchen Ausgaben (z. B. in einer anonymen Miniaturausgabe aus diesem Jahrhundert) zum vierten Acte ge= zogen, was auch jedenfalls richtiger ist, da eine Unterbrechung der Action nach dieser Scene nicht bloß unnöthig, sondern geradezu störend wäre. Da ich mich aber einmal mit der Uebersetzung nach der Ausgabe von 1826 gerichtet habe, so glaubte ich, auch in der scenischen Eintheilung mich dieser anschließen zu müssen. 31) Actäon, ein kühner Jäger, wurde, weil er die Diana und ihre Nymphen im Bade belauscht hatte, von der Göttin in einen Hirsch verwandelt und dann von seinen eigenen fünfzig Jagdhunden verfolgt und zerfleischt. 32) Hat Marlowe hier an Alexander's legitime Gemahlin gedacht, so hat er sich eines Anachronismus schuldig gemacht; denn Alexander verheirathete sich erst nach der Besiegung des Darius mit der baktrischen Fürstentochter Roxane, der,,Perle des Morgenlandes“, wie sie genannt wird. Allein Marlowe kann auch an die schöne attische Tänzerin Thaïs gedacht haben, die Alexander auf seinem Zuge gegen Darius begleitete und ihn zur Zerstörung von Persepolis antrieb. Der Ausdruck paramour spricht für diese lehte Annahme. 33) Jm englischen Originale steht within; die Engländer beziehen nämlich alle Bühnenanweisungen auf den Standpunkt des Schauspielers hinter den Coulissen, so daß der Bühnenraum selbst als außen liegend gedacht wird. Wir Deutschen sind an die umgekehrte Bezeichnung gewöhnt. 34) Müller und Böttger übersetzen: „Ich gehe nicht viel auf einem hölzer= nen Beine"; doch da to stand upon sehr oft in übertragener Bedeutung gebraucht wird, so glaubte ich zu meiner Uebersetzung berechtigt zu sein, durch welche der Sinn jedenfalls verständlicher wird. 35) Dasselbe thut er im Folgenden mit Richard, dem Roßtäuscher, Robert und der Wirthin. 36) Semele hatte durch ihre Schönheit Jupiters Liebe gewonnen, und dieser erschien bei ihr zuerst in der Gestalt eines sterblichen Jünglings. Die eifersüchtige Juno verwandelte sich in eine Sclavin der Semele und erweckte in Semele Zweifel, ob ihr Liebhaber auch wirklich der mächtige Gott des Himmels wäre; sie bat ihn deshalb, ihr doch einmal in derselben Gestalt zu erscheinen, wie er sich der Juno zeigte. Jupiter erfüllte die Bitte und erschien als Gott, mit Donner und Bliz bewaffnet; Semele konnte nun aber seinen Anblick nicht ertragen und sank, zu Asche verbrannt, zusammen. 37) Da die griechische Mythologie von einem Liebesverhältniß zwischen Jupiter und der Quellnymphe Arethusa nichts erzählt, so kann hier nur der Himmel selbst gemeint sein, der sich in der Quelle Arethusa spiegelt und ihr Azur= farbe verleiht. Azure ist also als proleptisches Prädikat aufzufassen. 38) Im englischen Texte steht our; doch scheint your mir passender. 39) D. h. an der Universität gelebt habe, erst als Student, dann als Professor. 40) Hier ist zu ergänzen: habe ich verloren.. Den Satz auszusprechen hindert ihn der Teufel in ähnlicher Weise, wie Faust selbst in der ersten Scene des fünften Acts die lustigen Personen am Weitersprechen gehindert hat. 41) „Lente currite, noctis equi“ ist ein Citat aus Ovid's Amores I. 13,40. |