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straff vollnfaren Inn gegen den Authoribus und dess selbig on vmgestell und onachlessig vns die weil er arm und der Seckel nit leiden mag, sol Im nit schaden, dass er 2 tag incarceriert werde, vnd mochte er mer strefflich gerickt werden. Mit den Commediis ist auch ein grosser Excess gehalten und den adversariis gross Verdruss beschehen. Soll hinfüro nit dergleich comedia gehalt dadurch die adversarii offendirt denn das lautta (?) nit, und halte man das der Director oder actor wol einer straff würdig, dermit man sich desto bass zu entschuldigen habe."

Der Senat berieth nun über die Propositionen der Commissarien und beschloß auf die zwei vorstehenden also: „Hockium wölle man sambt denen authores so historiam Fausti einsetzen und

darnach einen guten Wiltz geben. Den Authorem commediae nuper habitae, daraus ergernuss erfolgt apud exteros, und soll Meister Samuel ihn in carcerem legen oder setzen."

Dies ist nun die Stelle, aus welcher Mohl mit einiger Kühnheit sich den oben angeführten vollständigen Buchtitel zusammengeseßt hat. Um aber aus dieser Stelle eine Berechtigung zur Annahme einer Komödie Faust herzuleiten, müßte man zunächst annehmen, daß bei der betreffenden Verhandlung zwischen dem academischen Senate und den herzoglichen Commissarien nur von einer einzigen Sache die Rede gewesen sei. Dies scheint mir jedoch durch die, allerdings sehr unklaren, Worte des Protocolls selbst widerlegt zu werden. Denn sowohl in der Beschwerde der Commissarien, wie auch in dem Urtel des Senats sehen wir zwei getrennte Angelegenheiten, deren eine die historia Fausti und mit ihr in Verbindung den Buchdrucker Hock betrifft, während die andere den mit ,,commediis nuper habitis" getriebenen Unfug zum Gegenstande hat. Hiergegen könnte allerdings eingewandt werden, daß der academische Senat doch wohl keine Berechtigung gehabt habe, gegen den Buchdrucker Hock ein gerichtliches Verfahren einzuleiten, wenn es sich nicht um eine Angelegenheit handelte, die in irgend welcher Beziehung zu der academischen Gerichtsbarkeit und den derselben unterworfenen Personen stand; eine Bestrafung eines Tübinger Bürgers durch die academische Behörde laffe sich nur so als möglich darstellen, daß derselbe als Theilnehmer an einem von academischen Bürgern verübten Verbrechen belangt worden sei.

Doch auch dieser Einwurf läßt sich leicht aus den Worten des Protocolles selbst widerlegen, wenn wir uns den Vorfall in folgender Weise denken: Der academische Senat hatte, bevor die Revision erfolgte, die zum Verbande der academischen Bürgerschaft gehörenden Verfasser einer historia Fausti bestraft; den herzoglichen Commissarien genügte das aber nicht, sondern sie meinten, ,,Hock Buchdrucker habe p. p. historiam Fausti auch (d. H. ebenso wie die Verfasser) misshandelt" (fich vergangen), indem er das strafwürdige Buch gedruckt und in Verlag genommen, und man solle deshalb auch gegen ihn mit gebührender straff vollnfaren." Dieser Ordre kam der Senat nun auch nach, indem er den „Hockium sambt denen (d. H. ebenso wie die) authores so historiam Fausti" einseßen ließ. Außerdem aber war wahrscheinlich unter den Tübinger Studirenden die Unfitte eingerissen, Komödien aufzuführen, „daraus ergernuss apud exteros (bei Personen, die nicht zur Universität gehörten) erfolgte", die also wohl Verspottungen und beleidigende Persifflagen bekannter Persönlichkeiten enthielten. 40) Derartig Beleidigte hatten sich wahrscheinlich direct an die Landesregierung um Genugthuung gewendet, und diese wollte sie ihnen verschaffen, indem sie den authorem commediae nuper habitae, also gewiß den der zuleßt aufgeführten solchen Comödie durch den Senat bestrafen ließ,,,dermit man sich desto bass zu entschuldigen habe“, nämlich vor den klagbar gewordenen „,offendirten adversariis.“

Einer solchen Auslegung steht meiner Meinung nach nichts im Protocoll selbst entgegen, und da dies die einzige Quelle für die Sache ist, so dürfte eine solche Trennung nicht ungerechtfertigt erscheinen, selbst wenn nicht noch ein anderer Umstand vorhanden wäre, der dieselbe unbedingt fordert. Die historia Fausti ist nämlich, wie in dem Protocoll zweimal erwähnt wird, von mehreren authores, die comoedia nuper habita aber nur von einem author verfaßt, und es wird also unmöglich, die comoedia mit der historia Fausti zu identificiren, und darunter eine Comödie, die die Faustsage zum Inhalt hatte, zu verstehen, es wird, sage ich, unmöglich, auch wenn man an der Ungleichartigkeit der Bezeichnungen,,historia“ und

40) Da die Revision am 15. April erfolgte, so ist es leicht möglich, daß die qu. Komödie von den Studenten bei Gelegenheit der Faschingsluftbarkeiten aufgeführt worden war, wie ja auch heute noch „Fastnachtsulke“ veranstaltet und Possen dazu verfertigt werden, die oft voll von Satire und von piquanten Zeitanspielungen sind.

,,comoedia" feinen Anstoß nehmen will. 41) So lange also kein anderer Beweis für die von Mohl aufgestellte und, wie von vielen Andern, so auch von Duenzer und Peter (a. d. a. DD.) auf guten Glauben übernommene Angabe beigebracht wird, ist derselben keinerlei Werth beizulegen und von einer deutschen Dramatisirung der Faustsage aus dem Jahre 1587 nicht zu sprechen 42), besonders da man die Frage, was denn dann mit der historia Fausti in dem Senatsprotocolle gemeint sei, sehr gut dahin beantworten kann, daß dies die gereimte historia Fausti sein muß, von der man weiß, daß sie 1587 bei Alexander Hock in Tübingen erschienen ist unter dem Titel: „Eine wahrhafte und erschreckliche Geschichte: Von Doctor Johann Fausten, dem weitbeschreiten Zauberer und Schwartzkünstler, auss dem vorigen Exemplar allen Gottlosen zu einem schröcklichen Exempel und treuwhertziger Warnung, reimen weiss verfasset. Anno

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41) Daß eine Komödie zugleich als Historie bezeichnet wird, würde in der That nicht sehr auffällig sein, da das Wort Historie ein in jener Zeit sehr gebräuchliches war und besonders auf einen damals doch für vollständig historisch geltenden Stoff Anwendung finden konnte, selbst wenn derselbe dramatisch bearbeitet war. So ist ja auch der Titel der Marlowe'schen Dramatisirung: ,,A tragical history of the life and death of Doctor Faustus." Im Jahre 1577 wurde in Hampton Court eine History of errors aufgeführt, die also doch auch ein dramatisches Werk war, und deren Stoff später von Shakspeare in seiner,,Comedy of errors" bearbeitet wurde. (Vgl. Albert Cohn, Shakspeare in Germany, p. LXVII). Wackernagel (Literaturgesch. S. 442) erwähnt die „Historie von der schönen Magelone“, ebenfalls ein Drama, das hier nur als Beispiel für eine große Menge von deutschen Dramen mit dieser Bezeichnung stehen möge. In einem von dem französischen Gesandten am englischen Hofe, Ch. Howard, für vier Comödianten ausgestellten Passe d. d. 10. Februar 1591 findet sich folgende Stelle: „,et allantz en leur dict voyage d'exercer leurs qualitez en faict de musique, agilitez et joeuz de commedies, tragedies et histoires." Ebenso in einem in niederländischer Sprache abgefaßten Rechnungsvermerke: „,Betaelt aen Robert Brone, Engelsman, ende zynde medehulpers, 'tsamen vyfftien guldens over geliche somme hem toegevoucht voor't verthoonen ende spelen van verscheyden comedien ende historien." (Für die beiden letzten Citate f. Cohn, a. a. O. S. XXVII und XXXIII.) Schwieriger würde die Identificirung eines „Tractätleins“ mit einer „,Comödie“ zu rechtfer= tigen sein; doch bedürfen wir dessen nicht, da, wie ich im Texte nachgewiesen, die Angabe Mohl's an dem erwähnten Protocolle durchaus keine Stüße hat und somit überhaupt in Nichts zusammenfällt.

42) Dieser Ansicht ist auch Scheible (Vorrede zum fünften Bande des Klosters, S. 13), wo er auf die angeführte Stelle im Serapeum aufmerksam macht und, ohne Gründe für seine Behauptung anzugeben, also vermöge eines glücklichen Treffers, diese comoedia sofort für gleichbedeutend mit dem gereimten Faust erklärt.

MDLXXXVII." Auf der lezten Seite findet sich der Vermerk: Getruckt zu Tübingen, bei Alexander Hock, im Jahre MDLXXXVIII. 43)

Welches ist nun aber die älteste Dramatisirung der Sage? Peter (a. a. D. S. 34, Nro. 134) führt nach der nunmehr als nicht eristirend anzunehmenden Comoedia Fausti ein Buch an, welches den Titel führt: „Justi Placidii infelix prudentia. Lips. 1598. 8." Nun ist allerdings der Marlowe'sche Faust, dessen Berechtigung, als älteste Dramatisirung bezeichnet zu werden, ich nachzuweisen versuchen will, gedruckt erst 1604 erschienen, war aber, wie weiter unten näher ausgeführt werden soll, schon lange vorher vorhanden. Die Bemerkung P. A. Budif's (Serapeum, 1847, Nro. 11), daß diese Infelix prudentia „das älteste Stück sei, welches die Schicksale des Doctor Faust dramatisch behandle", wird sich also als ebenso unrichtig erweisen, wie die Angaben über den dramatischen Faust von 1587. Behuss dieses Nachweises aber muß ich festzustellen suchen, in welchem Jahre die „Tragical history of the life and death of Doctor Faustus, by Christopher Marlowe" gedichtet ist, oder wenigstens den Zeitpunkt anzugeben, bis zu welchem sie gedichtet gewesen sein muß. Und ehe ich an die Beantwortung dieser Frage gehe, wird festzustellen sein, aus welcher Quelle Marlowe den Stoff zu seinem Drama geschöpft hat.

Wie oben auseinandergesezt wurde, ist die älteste schriftliche Aufzeichnung der Faustsage im Jahre 1587 entstanden. Schon am 28. Februar desselben Jahres oder, nach einer andern Angabe, am gleichen Datum des Jahres 1588 wurde in England vom Bischof Aylmer die Druckerlaubniß zu ,,A Ballad of the life and death of Doctor Faustus" ertheilt. 44) Adolf Böttger hält diese Ballade für dieselbe,

43) Der Widerspruch zwischen den beiden Jahreszahlen erklärt sich durch die Bemerkung am Ende: „Vollendet den 7. Januarii im 1588sten Jahre“, ein Datum, welches vollständig mit der im Texte aufgestellten Behauptung in Einklang zu bringen ist. Der Druck wird also, wie v. d. Hagen (Germania, Bd. VII, Berl. 1846), bemerkt, im Jahre 1587 begonnen worden sein, weshalb diese Zahl auf dem Titelblatte angegeben ist. Vgl. auch Duenzer (Kloster V, S. 93). Der,,reimweise" Faust selbst ist abgedruckt im elften Bande des Klosters (S. 1–216) und auch selbständig (Stuttgart bei Scheible 1849) erschienen und zwar nach dem einzigen bekannten Exemplar in der Kgl. Bibliothek zu Kopenhagen." Vergl. oben Anm. 29.

44) Vgl. Duenter (Kloster V, S. 96), welcher 1587 angiebt. Payne - Collier, History of Engl. dram. poetry to the time of Shakspeare and Annals of the Stage to the Restoration, London 1831, Vol. III., p. 126: „Marlowe's tragical history of the life and death of Doctor Faustus, in all probability, was written very soon

die sich in der Roxburgh Collection, Vol. II, p. 235 findet 45), während Payne - Collier (f. A. 44) meint, daß die Bezeichnung „Ballad“ wohl nicht wörtlich zu nehmen sein dürfte, sondern darunter entweder das Marlowe'sche Stück oder ein prosaisches Volksbuch zu verstehen sein könne. Beide Ansichten ließen sich wohl in der Annahme vereinigen, daß das deutsche Volksbuch unmittelbar nach seinem Erscheinen nach England gebracht wurde, und daß der Stoff dort solches Aufsehen erregte, daß er bald sowohl als Ballade, als auch dramatisch behandelt wurde. Wenn man indeß das zuerst erwähnte Datum der Druckerlaubniß als richtig ansieht, so muß man die Ansicht PayneCollier's sofort zurückweisen; denn am 28. Februar 1587 kann weder der Marlowe'sche Faust, noch eine englische Ueberseßung des Faustbuches fertig gewesen sein, da dieses selbst zu der Zeit noch nicht erschienen war. Es ist nämlich, wie aus der oben bereits angeführten Stelle der Vorrede ersichtlich, zur Frankfurter Messe erschienen, also frühestens zu Ostern 1587, da in Frankfurt a. M. nur zu Ostern und im Herbst Messen abgehalten werden. Die Ansicht Böttger's wird dadurch nicht alterirt, nur muß man annehmen, daß die qu. Ballade nicht nach dem Spieß'schen Volksbuche, sondern vor diesem und unabhängig von ihm, vielleicht nach den mündlichen Erzählungen über Faust, gedichtet war, die schon vorher ihren Weg nach England gefunden hatten. Beide Angaben stüßen sich auf die Registers of the Stationers' Company, und es würde an und für sich allerdings wahrscheinlicher sein, daß Payne-Collier, der sich aufs Genaueste mit diesen Dingen beschäftigt hat, auch hierin genauer wäre; ich möchte aber doch der Duenzer'schen Angabe (1587) den Vorzug geben: denn der Inhalt der Ballade, von welcher Böttger (als Anhang zu seiner Ueberseßung von Marlowe's Faust) eine Ueberseßung geliefert hat, läßt durchaus nicht auf eine

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after his Tamburlain the Great, as in 1588 a ballad of the life and death of Dr. Faustus (which in the language of that time, might mean either the play or a metrical composition, founded upon its chiefest incidents) was licensed to be printed." Daß Notter, Böttger und Andre geben, wie Collier, 1588 an. die Ballade auch mit der englischen Uebersetzung des Volksbuches identisch sein könne, spricht Collier in seinen Anmerkungen zu Henslowe's Diary, p. 42 aus. Auch Warton, History of Engl. poetry, IV, p. 265 erwähnt die für die Ballade gegebene Druckerlaubniß und seßt dieselbe ins Jahr 1588.

45),,Christoph Marlowe's Doctor Faust (gedichtet um das Jahr 1588) und die alte englische Ballade vom Doctor Faustus. Deutsch von Adolf Böttger, Leipzig 1857." Einleitung S. X, und dann auch S. 141–147.

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